Ist ein Berliner Testament sinnvoll?

09.08.2023 | Allgemein

Das Berliner Testament erfreut sich größter Beliebtheit. Überall im Internet findet man Muster, wie man ein solches Testament erstellt. Es scheint den Bedürfnissen der meisten Leute zu entsprechen. Das scheint aber oft nur so, oft hat es Folgen, die man so gar nicht erwartet hat.

Beim Berliner Testament setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein. Es erbt also zunächst der überlebende Ehegatte allein. Dieser soll dann von den Kindern beerbt werden. Das kann funktionieren, wenn es sich um eine klassische Familie mit gemeinsamen Kindern handelt und der Nachlaß nicht zu groß ist, also das Vermögen vielleicht aus einem bescheidenem Eigenheim und vielleicht noch etwas Geld besteht. 

Das Model funktioniert aber schon dann nicht mehr, wenn die Schlußerben, also die Kinder, keine gemeinsamen Kinder sind. Eine solche Konstellation führt regelmäßig dazu, daß eines der Kinder nach dem eigenen Elternteil seinen Pflichtteil geltend macht. Dem kann man in gewissem Maße durch Strafklauseln begegnen, aber auch die haben ihre Grenzen. Zur Katastrophe führt es, wenn solche Klauseln vergessen werden. Dann kann es passieren, daß der Stiefvater oder die Stiefmutter zuerst den Pflichtteil zahlen muß und nichts mehr daran ändern kann, daß das Stiefkind ihn oder sie trotzdem beerbt.

 Weiter funktioniert das Berliner Testament nur dann, wenn das bescheidene Familienheim nicht gerade in München oder am Starnberger See, auf Sylt oder sonst einem teuren Ort in Deutschland steht. Denn sonst reicht der Freibetrag bei der Erbschaftssteuer schon mal schnell bereits beim ersten Erbgang nicht aus. Erst recht gilt das, wenn auch sonst Vermögen vorhanden ist. Der überlebende Ehegatte hat nämlich nur einen Freibetrag von € 500.000. Die Freibeträge, die den Kindern zustehen, nämlich € 400.000 für jedes Kind, bleiben ungenutzt. Man kann auch sagen, sie verfallen ungenutzt. Stirbt dann der zweite Ehegatte, wird nicht nur das Vermögen des länger lebenden Ehegatten versteuert, sondern auch das, was dieser selbst beim Tode des zuerst versterbenden Ehegatte geerbt hat. Das kann dazu führen, daß das Erbe des zuerst versterbenden zweimal versteuert werden muß. Das ist besonders ärgerlich, wenn man eine Erbschaftssteuer vielleicht ganz hätte vermeiden können oder wenn man bei Ausnutzung aller Freibeträge die Erbschaftssteuer wesentlich niedriger hätte gestalten können.

 Es droht beim Berliner Testament aber nicht nur, daß das Finanzamt zweimal die Hand für das gleiche Vermögen offenhält, sondern auch, daß Pflichtteilsansprüche verdoppelt werden, also ebenfalls zweimal vom gleichen Vermögen berechnet werden. Wer das vermeiden will, darf kein Berliner Testament machen.

Man kann das, was man mit dem Berliner Testament erreichen will, in der Regel auch durch entsprechende Gestaltung eines gemeinschaftlichen Testamentes oder Erbvertrages erreichen. Das geht insbesondere mit Vermächtnissen und Nießrauchrechten. Dafür sollte man unbedingt einen Rechtsanwalt oder Notar zu Rate ziehen. Das kostet zwar Geld, das zahlt sich aber aus.